Jeonghwan Kim – Mendelssohnpreisträger 2022

präsentiert im Espressokonzert am 13. Januar 2023 im Konzerthaus Berlin tänzerisch inspirierte Werke von Ravel, Strawinsky und Bartók. Begonnen hat die Karriere des 22-jährigen Pianisten mit einem kleinen Spielzeugklavier…..

Jeonghwan Kim: Meine Familie besitzt viele CDs, Aufnahmen von berühmten Interpreten, aber keiner spielt ein Musikinstrument außer mir. Als ich sehr klein war, gab es bei uns zu Hause ein kleines Spielzeugklavier mit nur wenigen Tasten, auf dem meine Mutter mir Kinderlieder vorgespielt hat, und angeblich soll ich die schnell und gern nachgespielt haben. Dann bekam ich Klavierunterricht und wollte das intensiv weitermachen. Als ich elf Jahre alt war, ist dann meine Mutter mit mir und meiner jüngeren Schwester aus Südkorea nach Berlin gekommen, um mir eine umfassende musikalische Ausbildung zu ermöglichen, ich war also nicht allein.

Der Pianist Jeonghwan Kim
Foto©Jeonghwan Kim/Freunde Junger Musiker Berlin

Sie sind dann Schüler am Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach in Berlin geworden. Hätten Sie neben all dem umfangreichen Musikunterricht nicht gern öfter mal Fussball gespielt oder lange am Computer gesessen?

J.K.: Nein, das habe ich nicht vermisst. Es gab dort eine Tischtennisplatte, an der ich in den Pausen und in der Freizeit oft mit Mitschülern gespielt habe. Außerdem habe ich mich in den Übe-Räumen manchmal mit Freunden zum gemeinsamen Musizieren getroffen, nur so aus Spaß, das ist eine der schönsten Erinnerungen an die Zeit.

Das Klavierrepertoire ist riesig, was macht Ihnen am meisten Spaß im Moment?

J.K.: Das hängt wirklich von meiner Stimmung am Tag ab.
Zur Zeit interessiere ich mich sehr für französischer Barockmusik – und die Musik von Olivier Messiaen entdecke ich wieder neu. Und Chopin ist seit Jahren einer meiner Lieblingskomponisten, da stoße ich auch immer wieder auf etwas Neues in seiner Musik.

Sie komponieren auch. Gehen Sie da anders heran, wenn Sie Stücke erarbeiten, als Ihre Mitstudenten?

J.K.: Ich versuche, so gut es geht, mich in die Lage eines Komponisten zu versetzen und zu überlegen, warum der Komponist gerade dieses und jenes Ausdrucksmittel ausgewählt hat und versuche, die ganzen Details zu verbinden und als ein zusammenhängendes Großes sozusagen auf eine höhere Ebene zu bringen.
Also ich merke, dass sich mein Denkansatz schon ziemlich stark unterscheidet von dem anderer Freunde von mir, die auch Klavier studieren.

Gibt es Pianistinnen oder Pianisten, die Ihnen mit ihrem Spiel Anregungen gegeben haben?

J.K.: Ein paar große Entdeckungen für mich waren bisher Vladimir Horowitz, Swjatoslaw Richter – und Arthur Rubinstein mit seinem Chopinspiel. Zur Zeit höre ich Aufnahmen mit dem Pianisten Bertrand Chamayou und bin auch inspiriert von dem norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes.

Was muss ein zeitgenössisches Stück für eine Qualität haben, dass es Sie reizt, es einzustudieren?

J.K.: Das Stück muss mir beim ersten Mal, wenn ich es höre, schon gefallen.
Es ist eine persönliche Sache. Ich war etwas dagegen, das Klavier als ein anderes Instrument zu betrachten als ein Tasteninstrument. In avantgardistischen Stücken wird öfters Ton- oder Geräuscherzeugung außerhalb der Tasten verlangt. Obwohl ich es auch manchmal schon interessant finde, wie zum Beispiel George Crumb an verschiedene Effekte geht.
Ich wähle ein Stück aus, wenn ich spüre, dass es auch etwas zu sagen hat. Wenn es also nicht nur um Spieltechniken geht oder es auf speziellen Klangeffekten beruht, sondern etwas Substantielles hat.

Ein Pianist ist autark und kann – im Gegensatz zu Streichern oder Bläsern – gut allein Konzerte bestreiten, andererseits ist so ein professionelles Leben eine ziemlich einsame Sache.

J.K.: Bisher dachte ich, dass ich ganz gut allein sein kann, aber nun merke ich so langsam, dass ich auch gern mit anderen Leuten zusammen bin und habe auch angefangen, mich sehr stark für Kammermusik einzusetzen, in verschiedenen Gruppen.

Bei soviel Musik – wie sieht es mit der Work Life Balance aus?

J.K.: Ich versuche, mehr zu lesen, und habe jetzt auch begonnen zu joggen, und wenn ich am Schreibtisch sitze, mache ich Skizzen für meine Kompositionen. Zu komponieren ist ein wunderbarer Ausgleich für mich.