Die Königin der Instrumente ist schon erobert

von Johannes Lamprecht, gerade Anfang Zwanzig, bereits vielfach ausgezeichnet und ein Spezialist für romantische Orgelmusik.

Johannes Lamprecht – Sie haben sehr früh angefangen mit dem Orgelspiel, was hat Sie denn von Anfang an begeistert – war das die Individualität der Instrumente oder der Klangrausch?

Also eigentlich die Möglichkeit, als einzelne Person so einen großen Klang zu verwalten. Als Orchestermusiker ist man Teil eines Großen, was natürlich auch sehr, sehr reizvoll ist, aber mich hat an der Orgel immer fasziniert, dass ich als Einzelperson quasi das Ganze unter meinen Fittichen habe.

Sie sind in einem Organistenhaushalt aufgewachsen, haben auch schon mit Ihrem Vater gemeinsam als Duo an zwei Orgeln konzertiert. War Ihr Weg familiär vorgezeichnet?

Also bei mir war es tatsächlich so. Seit ich denken kann, habe ich gesagt, ich möchte das gleiche werden wie Papa, aber er hat mich nie in irgendeine Richtung gedrängt. Ich selbst wollte es immer, und dann hat er mich natürlich auch gut dabei unterstützt. Mein Bruder ist komplett in eine andere Richtung gegangen, der arbeitet jetzt bei der Bahn.

Das Studium der Kirchenmusik gehört zu den anspruchsvollsten Ausbildungen in der Musikbranche und eröffnet vielfältige Wege, vom Chorleiter, der die großen chorsinfonischen Werke aufführt, bis zum reisenden Orgel-Virtuosen. Wo sehen Sie sich denn in ein paar Jahren?

Also der Traum wäre, freischaffender Organist zu sein und gleichzeitig einen Lehrauftrag zu haben, weil mir das Unterrichten auch sehr viel Spaß macht.

Die Orgeln unterscheiden sich alle, unter anderem durch Größe, Entstehungszeit, Register sowie Anzahl und Beschaffenheit der Manuale. Bei den moderneren Instrumenten kann man die Registrierung digital steuern. Als „Außenstehende“ stellen wir uns das dafür notwendige Programmieren ziemlich kompliziert vor.

Man merkt mit der Zeit, dass zwischen dem Spieler und dem Orgelklang wirklich eine Maschinerie ist. Das ist eine Schwierigkeit, mit der die Organisten zu kämpfen haben, man muss selber viel für einen guten Klang tun. Was das Registrieren und ggf. noch Einprogrammieren angeht – es kommt immer darauf an, was man spielt. Also der Reger beispielsweise ist einfach wahnsinnig viel Arbeit, ich glaube, ich sitze in der Regel da vier Stunden daran. Man kommt an jede Orgel und muss von vornherein neu orchestrieren. Man kann nicht sagen, an der und der Orgel funktioniert das, deshalb funktioniert das an der anderen auch, sondern jede Orgel ist so individuell. Es gibt ein paar Faustregeln, die auch meistens ganz gut funktionieren, aber das ist wirklich nur ein Rahmen, und in dem muss man sich sehr frei bewegen. Das wächst mit der Erfahrung.

Johannes Lamprecht, ein Großteil der Arbeit, die Sie leisten, ist nicht sichtbar, weil es vorher passiert – das Bekanntmachen mit der Orgel, das Registrieren, eventuell das Programmieren. Was man in der Regel auch nicht sieht, ist die immense Fussarbeit eines Organisten für die Basstöne, zumal sie sozusagen meist blind geschieht. Das erfordert viel Gespür. Lösen Sie das, wie manche Kollegen auch, in dem Sie im Ballettshop einkaufen?

Ja, ich habe tatsächlich amerikanische Tanz-Herrenschuhe, das ist einfach wichtig für das Gefühl – man ist ja durch diese ganz dünne Sohle sehr nah an den Tasten und das gibt einfach ein gutes Feingefühl. Sehr viele Organisten, gerade so im Norden, spielen auch nur in Socken, das mag ich persönlich nicht, deshalb mache ich das mit Schuhen. Also, ich halte meinen Konzertschuhen schon seit sechs Jahren die Treue.

Sie absolvieren ein Vollzeitstudium und stecken auch gerade in Prüfungen, haben Sie überhaupt noch freie Zeit?

Ja, also manchmal muss man sich die Freizeit eben auch so ein bisschen nehmen. Das ist sehr schwierig, wie in jedem anderen Studium auch. Wenn ich Freizeit habe, dann treffe ich mich viel mit Freunden und rede über alles, nur nicht über Musik. Und dann beschäftige ich mich viel mit Physik und Psychologie, ich lese da ganz viel, momentan bin ich gerade in meiner Carl-Gustav-Jung-Phase…….

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Cornelia Schönberg©Freunde Junger Musiker e.V. Berlin