Der Cellist Petar Pejčić

Wenn es darum geht, neben dem Schulunterricht noch genug Zeit zum Üben zu haben, steht er schon mal früh um halb sechs auf. 

Petar Pejčić begann mit 4 Jahren Cello zu spielen. Zur Zeit studiert er als Jungstudent an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig bei Prof. Peter Bruns. Nach mehreren Auszeichnungen in seiner serbischen Heimat ist er auf dem besten Weg, eine internationale Karriere zu machen. In diesem Jahr gehört er zu den Preisträgern des Mendelssohn-Hochschulwettbewerbs.

Petar, während wir uns hier in der Leipziger Musikhochschule treffen, spielt gerade die derzeit recht erfolgreiche Bundesligamannschaft von RB Leipzig. Interessieren Sie sich dafür?  Sport interessiert mich schon, aber ich bin kein Fußballfan. Ich finde Basketball viel interessanter und schneller.  Als Kind habe ich aber natürlich ein wenig Fußball gespielt.

Im März sind Sie 17 Jahre alt geworden und gehen noch in Dresden zur Schule, haben Sie bald die Abiturprüfungen vor sich? Ich habe mein Abitur schon in Serbien abgeschlossen, dort kann man es etwas schneller machen, dafür habe ich zusätzliche Prüfungen abgelegen müssen. In Deutschland bin ich seit 2017, ich war 15 Jahre alt, als ich hierher kam, noch zu jung für ein Studium in Deutschland. So bin ich in die Schule gegangen, um Deutsch zu lernen und mich in den deutschen Alltag einzuleben. Ich besuche das Sächsische Landesgymnasium für Musik „Carl Maria von Weber“. Die ersten zwei, drei Monate waren sehr schwer für mich, ohne die Freunde und die Familie. Aber ich wohne in einem Internat, und die Pädagogen und die Leute dort sind sehr freundlich, das hat mir geholfen. Andererseits fand ich es dann doch auch spannend und cool, mit 15, 16 Jahren allein im Ausland zu leben. Im Oktober fange ich in Leipzig mein Bachelorstudium an und denke, ich bin darauf jetzt gut vorbereitet. Ich habe auch schon – das war nicht einfach – eine kleine Wohnung hier gefunden für mich allein, zwei Minuten entfernt von der Hochschule.

Sie stammen aus einer musikalische Familie – wieviel Ihrer Verwandten haben denn Cello gespielt? Mein Vater ist Dirigent, meine Mutter ist Musikwissenschaftlerin, aber sie hat als Kind Cello gespielt und wechselte erst später zum Klavier. Meine Eltern haben irgendwie entschieden, dass ich Cello spielen soll, als ich vier Jahre alt war. Sie mussten am Anfang für mich ein Viertel-Cello finden und haben lange danach gesucht. Wenn ich auf dem Stuhl saß und Cello übte, kam ich mit den Beinen noch nicht auf den Boden und musste Bücher darunter stellen, damit ich festen Halt hatte.

Gab es irgendwann eine Zeit, wo Sie lieber doch etwas anderes gemacht hätten, als sich so intensiv mit dem Cello zu befassen? In Serbien muss man sich sehr früh entscheiden, was man spielen will, hat aber dann dafür mehr Zeit, sich zu entwickeln. Ich bin mit der Wahl meiner Eltern sehr zufrieden. So habe ich jetzt mit 16, 17 Jahren schon ein relativ großes Repertoire und konnte deshalb am Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb teilnehmen, was für meine Entwicklung sehr wichtig war. Besonders mit dem Konzerthausorchester auftreten zu dürfen, das war großartig.

Dresden und Leipzig sind ja bekannte Musikstädte. Haben Sie denn bisher Zeit gefunden, das Angebot zu nutzen? Ach, es bleibt schon ein bisschen Zeit übrig, man muss es nur wollen. Dresden besitzt das wunderbare Albertinum-Museum, dort gehe ich oft hin. Und dann natürlich zu den Konzerten, es gibt ja zwei fantastische Orchester in Dresden, die Staatskapelle und die Philharmonie, und natürlich in Leipzig das Gewandhausorchester.

Das Violoncello wurde von den Komponisten oft eingesetzt als Melodiestimme mit melancholischem Charakter. Haben Sie schon andere Facetten des Instruments entdeckt? Ich finde die natürliche Tenorstimme des Cellos so schön. Das Cello kommt dem Klang der menschlichen Stimme, dem für mich schönsten „Instrument“, am nächsten, ohne sie zu kopieren. Besonders bei Schumann kommt das wunderbar zum Tragen. Auf der anderen Seite gibt es zum Beispiel die etwas heftigere, manchmal grummelnde Seite des Cellos, meist im Bass. Ein Cello ist eben sehr flexibel. Und mein Lehrer, Professor Peter Bruns, zeigt mir sehr gut, welche Facetten das Cello noch haben kann.

Sie spielen Musik von Bach bis zur Avantgarde. Fühlen Sie sich denn zu etwas besonders hingezogen? Das wären wahrscheinlich Romantik und Expressionismus. Konzerte wie die von Saint-Saëns und Dvořák sind mir schon als Kind sehr vertraut gewesen, da die serbische Cello-Schule sich sehr stark an der russischen Schule orientiert hat. Jetzt in Deutschland lerne ich die Werke von Bach besser kennen, und das macht mir wirklich Spaß. In Leipzig habe ich die erste, fünfte und sechste Solosuite in mehreren Konzerten aufgeführt, und das ist wirklich Arbeit, es gibt in den Werken viel Symbolik, viele harmonische Bezüge. Aber das Cellorepertoire ist groß, es gibt noch so viel zu entdecken und ich habe zum Glück noch soviel Zeit vor mir…… Übrigens freue ich mich auch, dass an deutschen Musikhochschulen Kammermusik ein Pflichtfach ist, denn ich habe noch nicht soviel Kammermusik spielen können, wie ich wollte.

Sicher gab es viele Schallplatten und CDs zuhause. Hatten Sie als Kind bestimmte musikalische Idole?  Ja, die zwei großen russischen Cellisten, Mstislaw Rostropowitsch und Daniil Schafran (1939-1997), gehören zu meinen Lieblingscellisten. Vor allem die Aufnahmen des jungen Schafran. Und obwohl die Spiel-Technik heute viel fortgeschrittener und exakter ist – viele seiner Interpretationen finde ich auch heute noch genial, sehr expressiv, sehr ehrlich. Inzwischen sind natürlich andere Favoriten dazugekommen….

Petar Pejčić, wenn man Sie auf dem Podium erlebt, sind Sie ganz konzentriert auf das Spiel und scheinen alles um sich herum zu vergessen. Ist das eine Voraussetzung, um erfolgreich sein zu können? Ja, man muss schon fokussiert sein, allerdings muss man auch eine Balance finden. In Berlin beim Wettbewerb ist es ein paar mal passiert, dass „mein Gesicht mitgespielt“ hat, das ist dann eher störend, aber ich habe es nicht bemerkt. Man muss sich beim Spielen immer kontrollieren, muss nicht nur emotional, mit dem Herzen, sondern auch mit dem Kopf, dem Verstand dabeisein.

Nun gehören Sie einer Generation an, die mit Smartphone und Noten auf dem iPad aufgewachsen ist. Tauchen Sie gern in diese digitale Welt ein, die Welt von Twitter, Facebook und Instagram? Das stört mich eher beim Konzentrieren, wenn ich in einem Arbeitsprozess bin, mich etwa auf einen Wettbewerb oder ein Konzert vorbereite. Natürlich ist es für die PR notwendig und hilfreich, aber es verbraucht viel eigene Energie, ich bin kein großer Fan davon. Ich habe meine Noten noch als Papier vor mir und versuche soviel „old school“ zu bleiben wie möglich.

Hier neben mir steht Ihr Cellokasten, ganz vornehm in reinem Schwarz. Wünschen Sie sich ob des Gewichts nicht manchmal, doch lieber Flöte oder Geige studiert zu haben? Ja, vor allen Dingen, wenn ich fliegen muss. Man braucht immer zwei Sitze, also zwei Tickets, und muss Geduld haben mit der Abfertigung. Das Cello samt Kasten wiegt, glaube ich, so circa 10 Kilo. Da ist es praktisch, dass ab Herbst meine Wohnung so nah an der Hochschule liegt….

Welche Stücke spielen Sie momentan besonders gern? Das Schostakowitsch-Konzert, das habe ich vor einem Jahr in Serbien aufgeführt. Im Moment beschäftige ich mich intensiv mit dem Dvořák-Konzert, das hat zwar ein paar schwierige Stellen, aber es ist sehr, sehr schön. Und dann spiele ich gern moderne Musik. Mein Vater leitet ein Orchester, das nur zeitgenössische Musik aufführt. Und so hatte ich das Glück, dass ich schon von Kindheit an viel moderne Musik gehört habe und eine große Liebe dafür entwickelt habe. Im Gegensatz zu manchen Kollegen. Man lernt dann mit der Zeit, die guten Stücke herauszufinden, die wahrscheinlich die Zeiten überdauern.

Ihr Terminkalender sieht schon äußerst voll aus…. Ja, ich habe ganz schön viel zu tun. Mitte Juni geht es auf Konzertreise, dann spiele ich Kammermusik in Russland und Belgrad, und danach nehme ich noch an einem internationalen Wettbewerb teil. Der Mendelssohn-Wettbewerb war eine gute Schule für mich, da ich dafür soviel Repertoire erarbeiten musste. Für den Wettbewerb im Sommer habe ich das Dvořák-Konzert gemeldet, nun bleiben mir noch zwei Monate, um das in allen Feinheiten zu studieren. Das klingt so, als ob die Sommerferien dieses Jahr ausfallen? Nein, nein. Gut, bis Ende Juli schon, aber ich fange ja erst im Oktober an, mit dem Herbstsemester. Ich will auf jeden Fall nach Hause, nach Serbien, denn ich kann meine Familie nur selten besuchen. Und dann werde ich noch ein, zwei Meisterkurse mitmachen…..

Cornelia Schönberg©Freunde Junger Musiker e.V. Berlin