Victoria Wong

tanzt gern, kocht gut, ist jung, attraktiv, erfolgreich – und vor allem eine hochbegabte Geigerin.

Geboren ist Victoria Wong 1998 in Sydney. In ihrer australischen Heimat erhält sie bereits zahlreiche Auszeichnungen. Mit 15 Jahren kommt sie nach Deutschland, besucht in Dresden das Musikgymnasium „Carl Maria von Weber“ und studiert seit 2015 in Berlin Violine, zunächst bei Ulf Wallin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler, seit Oktober 2018 bei Nora Chastain an der Universität der Künste.

16.000 km Luftlinie sind es von Berlin nach Sydney – so oft kommt man da nicht nach Hause. Was vermissen Sie denn am meisten?

Meine Familie, meine beiden Hunde, mit denen ich aufgewachsen bin, und dann das Wetter – genau in der Reihenfolge.

Normalerweise enthält eine solch erfolgreiche Biografie wie die Ihre den Satz „stammt aus einer musikalischen Familie“…..

Nein, gar nicht. Meine Mutter hat als Kind Klavierspielen gelernt, aber nur als Hobby. Und mein Vater hat ein bisschen Gitarre gespielt. Als meine älteren Geschwister mit dem Klavier angefangen haben, wollte ich das natürlich auch. Aber meine Eltern entschieden, ich wäre noch zu klein und meine Finger zu schwach. Deshalb haben sie den Rat von Freunden eingeholt, und so bin ich mit knapp vier Jahren zur Violine gekommen…..

Sie waren erst 15 Jahre alt, als Sie nach Deutschland kamen und sind zunächst in Dresden zur Schule gegangen. Konnten Sie denn schon genug Deutsch?

Jein… Ich hatte vorher etwas Privatunterricht genommen und habe in den letzten 6 Monaten, bevor ich hierher kam, dann intensiv gelernt. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man dann da ist. Der Anfang war für mich schon schwierig, weil ich nur mit Deutschen zusammen war. Alle sprachen so schnell, und ich habe auch kein Sächsisch verstanden (lacht). Natürlich wußte ich, dass ich einen Akzent habe, wenn ich Deutsch spreche und dass ich Fehler mache. So ein Wort wie „Eichhörnchen“ zum Beispiel konnte ich nicht aussprechen. Aber meine deutschen Freunde haben mir geholfen weiterzulernen. Und sie ermunterten mich mit schöner Regelmäßigkeit „tschechisches Streichholzschächtelchen“ zu üben….

Warum haben Sie sich für Ihr Studium Deutschland ausgesucht?

Ich wollte immer im Ausland studieren. Und da ich zuhause in Sydney Unterricht bei einem deutschen Geigenlehrer hatte – er stammt aus Hamburg – empfahl er mir nachdrücklich, nach Deutschland zu gehen, weil er die musikalische Ausbildung hier so gut findet. Mit Australien ist das gar kein Vergleich. Und in Berlin ist man natürlich im Musikzentrum schlechthin.

Sie konnten sich ja schon vorher via Internet ganz gut über Deutschland informieren. Gab es trotzdem etwas, das Sie dann doch überrascht hat?

Ja! Am Anfang war es für mich komisch, dass alles am Sonntag zu hatte, das kannte ich von Sydney gar nicht.

Und wie sind Sie hier mit dem Essen klar gekommen?

Naja, in Dresden schmeckte für mich alles relativ ähnlich, während wir zuhause sehr viele internationale Einflüsse haben und es ein ganz variantenreiches Angebot gibt.

Und wenn Sie jetzt nach Hause kommen, was für ein Lieblingsgericht kocht dann Ihre Mutter für Sie?

Och, da muss ich überlegen, ich habe so viele Wünsche: Ja Steak vielleicht – und sie macht so einen wunderbaren Eintopf mit Querrippe.

Jetzt studieren Sie hier in der Klasse von Nora Chastain, Ihre Kommilitonen kommen aus den verschiedensten Ländern. Man gehört zwar zur Klasse, aber hat sicher auch Konkurrenzdruck?

In Australien waren wir nur vier oder fünf junge Geiger, die sich kannten und sich immer bei Wettbewerben trafen. Aber als ich hierherkam, waren das so viele….. Als ich jünger war, hat mich das gestört. Doch je älter man wird, um so mehr hat man seine eigenen Vorstellungen, seinen eigenen Plan, seinen eigenen Karriereweg, und deshalb habe ich hier in der Violin-Klasse viele Freunde, und wir unterstützen uns und helfen uns. Das ist eine gute Stimmung bei uns.

Sie konzertieren sehr viel, reisen auch schon sehr viel – was Sie immer dabei haben, ist der Geigenkasten, für Geiger eine Art Zuhause zum Mitnehmen. Wie sieht es bei Ihnen da drinnen aus?

Ich habe eigentlich nur ein Foto im Geigenkasten, ein Foto von mir und meinem Freund. Sonst sind nur die Sachen drin, die ich für die Geige brauche – und meinen Kalender habe ich immer dabei.

Stehengelassen haben Sie den Geigenkasten noch nie?

Nee, gottseidank nicht!…..

Ihr Weg führt Sie ja direkt in Richtung Solistin. Falls etwas Unerwartetes dazwischen kommen sollte – haben Sie denn auch einen Plan B?

Nein, ich habe nur einen Plan A. Ich habe ja kein Abitur gemacht und bin schon früh der Musik wegen nach Deutschland gegangen. Schon damals sagten viele, was ist, wenn etwas schief geht? Ich glaube, wenn man immer an das Wörtchen „if“ denkt, sinngemäß „was wäre wenn“, dann kann man sich gar nicht richtig auf den eigenen Weg konzentrieren.

Und wie sieht das mit Kammermusik und Orchesterspiel aus?

Ich finde es sehr wichtig, dass man als Musiker das auch macht. Und ich würde mich auch gar nicht als Solistin bezeichnen. Sondern? Als Geigerin? Nein, ich bin Musikerin! Alles ist Kammermusik – auch wenn man als Solist vor einem Orchester steht, man ist gemeinsam ein Klangkörper.

Was spielen Sie denn besonders gern?

Ja, wahrscheinlich schon Romantik. Besonders zu Brahms habe ich schon immer eine Verbindung gehabt, sein Violinkonzert gehört zu meinen Lieblingskonzerten, da bekomme ich Gänsehaut. Aber Bach zu spielen, ist natürlich auch jederzeit schön.

Was machen Sie, wenn Sie einmal nicht Geige üben?

Dann koche ich gern, backe auch – und gehe gern spazieren. Und ich tanze gern, Standard- und Lateintänze. Noch geht mein Freund nicht mit, ich versuche gerade, ihn dazu nachdrücklich zu überreden (lacht), aber er ist noch ein wenig schüchtern beim Tanzen.

Wenn Sie Freizeit haben und Musik hören – was für Musik haben Sie sich auf Ihr Smartphone geladen?

Oh, da höre ich ganz selten Musik. Im Moment habe ich nur das 2. Bartok-Konzert gespeichert, gespielt von Nora Chastain, meiner Lehrerin. Allenfalls beim Kochen mag ich manchmal Musik, und dann gern Jazz, am liebsten gespielt von Jazzpianisten…

Cornelia Schönberg©Freunde Junger Musiker e.V. Berlin

Foto©Giorgio Balmelli

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